und noch mehr…
vom NZZ Folio, August 2005, “Männer” aus dem Artikel Hanspeter, mollig und willig :
[…] Trotzdem wollen vor allem Frauen nicht wahrhaben, dass sie biologischen Ursprungs sind. Sie befürchten erstens, die Natur des Mannes könnte als Entschuldigung dienen: Meine Gene haben mich zum Seitensprung getrieben. Die Existenz dieser Männernatur könnte zweitens zur Diskriminierung führen: Es liegt in der Natur der Männer, über Frauen zu bestimmen. Oder drittens zur Umdefinierung von Werten: Wenn es die Natur so vorgesehen hat, ist es bestimmt auch moralisch richtig.
Das klingt nach berechtigten Befürchtungen bloss berühren sie die eigentliche Frage nicht: Verhalten sich Männer und Frauen aus biologischen Gründen verschieden? Stattdessen setzen sich viele Frauen mit den möglichen Folgen der Existenz einer Männernatur auseinander, beurteilen sie als negativ und kommen dann rückwärts zum Schluss, dass es diese Unterschiede deshalb nicht geben kann. Was nicht sein darf, kann nicht sein. Weil ein Mann den Gang ins Bordell vor seiner Frau mit seiner Natur entschuldigen könnte, darf es diese Natur erst gar nicht geben. Das ist so absurd wie das Bekenntnis: Ich glaube nicht an die Schwerkraft, weil mir sonst ein Ziegelstein auf den Kopf fallen könnte.
Die drei Befürchtungen sind nicht nur Teil einer unzulässigen Argumentation, sie lösen sich bei näherer Betrachtung auch in Luft auf.
Wer behauptet, die Natur des Mannes könne als Entschuldigung für die Affäre mit der Praktikantin herhalten, verwechselt Erklärung mit Entschuldigung. Zudem kann jede Erklärung einer Tat ob die bösen Gene oder die böse Stiefmutter zur Entlastung des Täters herangezogen werden. Wie eine Gesellschaft diese Einflüsse gewichtet, ist eine schwierige Angelegenheit. Mit der Frage, ob es die Natur des Mannes gibt oder nicht, hat sie nichts zu tun.
Die Idee, die Verantwortung für eine Tat auf die Gene abzuwälzen, zeigt, dass viele Leute bei biologisch verankertem Verhalten an willenlose Zombies denken, die von ihren Genen ferngesteuert werden. Die genannten Eigenschaften der männlichen Natur Lust auf Sex mit wechselnden Partnerinnen, starke Erregung durch nackte Frauenkörper, Vorliebe für junge und schöne Frauen sind aber nur drei aus einem Orchester verschiedener Stimmen im Gehirn, die biologische und anerzogene Tendenzen repräsentieren. Aus dieser Kakophonie Lust auf Sex, Anstand, Mitgefühl, Verantwortungsbewusstsein usw. wird schliesslich ein Verhalten destilliert. Es besteht also immer die Wahl aus verschiedenen Möglichkeiten.
Bei anderen angeborenen Bedürfnissen akzeptieren wir diese Erklärung bereitwillig. Obwohl Hunger zweifellos ein biologischer Trieb ist, gibt es verschiedene Möglichkeiten, damit umzugehen. Einen McDonalds aufsuchen, zwei Stunden auf ein siebengängiges Essen warten, kein Fleisch essen, Diät halten, fasten. […]
aus dem Artikel Zorro, der zornige Zahlvater :
[…] Gegen den Vorstoss kämpft die 42-jährige Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr. «Das gemeinsame Sorgerecht ist aus Sicht des Kindeswohls nicht angebracht», findet die verheiratete Mutter zweier Kinder. Es führe bloss dazu, dass sich der Streit der Eltern nach einer Scheidung unnötig fortsetze über Wohnort, Schulbelange, Krippenplatz bis zum Musikunterricht: «Da kann der Mann der Frau die Hölle heiss machen.» Jahrzehntelang also haben Frauen nach dem treusorgenden Vater gerufen, und jetzt, da die Männer ansheinend ihr Vaterherz entdecken, werden sie wieder an die traditionelle Ernährerrolle erinnert? «Es sind immer noch grösstenteils die Frauen, die sich um die Kinder kümmern», entgegnet Fehr. «Das Kernproblem liegt nicht beim Sorgerecht, sondern in der Arbeitswelt, die Debatte wird somit am falschen Objekt geführt.»
Ganz anders sieht das ihre 33-jährige Parteikollegin Chantal Galladé, ebenfalls Nationalrätin aus Zürich und ledige Mutter eines Kleinkindes. Sie findet es unsinnig, dass das geltende Recht ausgerechnet diejenigen Väter bestraft, die sich um ihre Kinder kümmern. Galladé erklärt die Meinungsdifferenz unter Sozialdemokratinnen zur Generationenfrage: «Die Frauengeneration, die sich die gleichen Rechte erkämpfen musste, geht noch immer vom Bild der allüberall benachteiligten Frau aus, die es zu schützen gilt.» Dieser Kontrast ist bemerkenswert. Bemerkenswert ist aber auch, dass es ausgerechnet die Verbitterung der Scheidungsväter ist, die als erstes Wetterleuchten einer möglichen Männeremanzipation am Horizont aufblitzt. Nicht etwa fehlende flexible Arbeitszeitmodelle bringen die Männer in Bewegung, nicht das ungleiche Rentenalter oder die strikt feminisierte Früherziehung. Keine gewichtige Stimme verlangt, die Ursachen der auffällig geringeren Lebenserwartung der Männer systematisch zu erforschen. Und den Militärdienstzwang akzeptiert die Männermehrheit widerspruchslos sogar die Ersatzabgabe, die mit abnehmendem Armeebestand mehr und mehr zu einer zweiten direkten Bundessteuer verkommt. […]
und sonst wäre da noch der Artikel Adam